27.03.: Ein perfekter Tag in Seoul

Wir schreiben den 27. März 2018. Für mich geht dieser Tag schon dem Ende zu und doch mag ich ihn nicht loslassen. Gerade ist mir bewusst geworden, dass ich einen absolut perfekten Tag hatte. Nicht 100 % perfekt, aber immerhin 90 %. Und mehr sollte man gar nicht erwarten, oder? Wie es sich für einen schönen Tag gehört, geht es vor allem um’s Essen, aber auch um’s Sporteln und Arbeiten.

Ein gemütlicher Start

Der Computer ruft. Insbesondere seit ich in Korea bin geht mein erster Weg zum Smartphone. Und der zweite zum Laptop. Ja, es es jämmerlich. Aber es gibt wohl Schlimmeres. Ich werde meine Elekroniksucht im Blick behalten.

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Auch der Kaffee ruft. Man muss Prioritäten setzten. So ein guter brasilianischer Bohnenkaffee (natürlich vom Café Hooamdong) kann Wunder wirken. Ich hab‘ einen Computer? Wayne interessiert’s. Ich werde meine Koffeinsucht im Blick behalten. Gegen 11:30 Uhr ruft die Arbeit: Unterricht vorbereiten und von 13:00 Uhr bis 16:30 Uhr Kurs. Es läuft nicht perfekt, aber solide. Meine Unterrichtsvorbereitungen sind zeitlich ein bisschen daneben zur Zeit – ich muss das in den nächsten Tagen beobachten. Ein drittes Auge muss her. Gott sei Dank bin ich im Mekka der plastischen Chirurgie.

Gegen viertel sechs bin ich mit allem fertig und mache mich auf nach Hause, um meine Kursbücher gegen Schwimmsachen auszutauschen. Am Weg mache ich einen Einkehrschwung in einer Nudelküche und hole mir eine Portion Kimchimandu – quasi ein frühes erstes Abendessen.

Nach dem Arbeiten kommt der Sport

Dann geht’s zum Schwimmen. Mir gelingen 1.200 durchgekraulte Meter plus 400 Meter in Brust- und Rückenlage. Ich werde dabei kaum von überforderten Landratten aufgehalten. Manchmal muss ich mich wundern, wie viel Kraft manche Leute beim Schwimmen einsetzen, um sich letztlich kaum vorwärts zu bewegen. Aber mit deutlich überlegener Körpergröße und Armspannweite bin ich für koreanische Gewohnheiten vielleicht ein imposantes Wasserspektakel. Es gibt aber auch hierzulande einige Spezialisten, die mich tempomäßig imposant links liegen lassen.

Nach dem Schwimmen trete ich heraus in einen zarten Frühlingsabend an dem die ersten Kirschblütenknöspchen sich zauberhaft in eine graugelbe Yellow Dust- und Abgassuppe recken. Auch mich überkommt kurz das Husten und ich schlatze – so kulturell akklimatisiert bin ich bereits – inmitten völlig unbeeindruckter Koreaner einen Schleimklumpen auf den Asphalt.

Ich fühle mich noch fit genug für einen Spaziergang und mache mich – insbesondere wegen einer langwierigen Verspannung im Rücken-/Rippenbereich, der ein Spaziergang erfahrungsgemaß Wohl tut – auf nach Richtung Hause. Hier muss erwähnt werden, dass der Weg von Schwimmbad in Noksapyeong zu meinem Heimatgrätzl Huam-dong nicht ohne ist. Man muss mit einem sehr interessanten und steilen Anstieg den Stadtteil Haebangchon erklimmen, während Dorfbusse und rabiate Taxler die wenigen Fußgänger gekonnt millimetergenau verfehlen. Kein Wunder, dass sich hier so viele Bars und Restaurants angesiedelt haben. Man muss sich manchmal ein bisschen den Schreck wegsaufen. Heute schreckt mich aber nichts und mit dem Mute eines … äh … Amateurschwimmers nehme ich den Anstieg in Angriff.

Doch halt! Welch Wunder offenbart sich im rechten Augenwinkel!

GRAUBROT!!!

Le chien blanc … Eine Bäckerei mit französisches Namen haut in Seoul niemanden vom Hocker, denn sie haben alle franzöische Namen. Leider hat das normalerweise keine Auswirkung auf die Qualität. Doch hier traute ich meinen Augen nicht: in der Auslage lag etwas, das wie echtes mitteleuropäisches Graubrot aussah. Misstrauisch ging ich ins Geschäft und begutachtete einen kleinen Laib (etwa 250 g) der aber auch aus der Nähe verlockend aussah. Ich riskierte das Investment. Es war lohnend – und wie! Authentisches Graubrot, noch dazu aus Sauerteig. Wundervoll!! Diese Bäckerei wird ein Fixstern meines Alltags.

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Nach erledigtem Kaufe tauche ich erneut in den Seouler Stadtdunst und erklimme Haebangchon. Danach geht’s den ganzen Weg auf der anderen Hügelseite wieder bergab nach Huam-dong.

Essenszeit

Korean Barbecue ist eine köstliche Sache. Man entert (vorzugsweise zu vielt) ein heruntergekommenes Loch, bestellt einen Batzen Fleisch und wirft diesen auf einen Griller, der sich in der Mitte des Tisches befindet. Wenn das Fleisch fertig ist, nimmt man ein Salatblatt, gibt ein Stück Fleisch, ein Stück Gemüse (hauptsächlich Zwiebel oder Knoblauch) und Sauce dazu, wickelt das Ganze zu einem Häppchen zusammen und stopft es in den Mund. Hmes schmeheckt msupamamajajamjamjam.

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Doch was macht man als Lonesome Cowboy? Meistens bleiben nur andere Arten von Lokalen; dachte ich zumindest. Und dann gehe ich an einer Grillerei vorbei, die anders ist, als alle anderen. Keine Gruppentische, sondern nur Budl (zu Deutsch: Theke). Auf drei Seiten eine Budl, insgesamt 14 Sitzplätze. Elegantes japanisches Interieur. Durch’s Fenster sehe ich einen einzelnen Menschen alleine essen. Meine Stunde hat geschlagen: ich nehme allen Mut zusammen und betrete das Lokal. Ich bekomme einen Platz zugewiesen, die dort liegende Speisekarte ist jedoch nur auf Koreanisch. Ich verstehe nur Yangogi – Lammfleisch. Jemand bringt mir eine englischsprachige Karte (eher: Zettel), darauf lese ich: lamb – Lammfleisch. Ja eh! Ich entscheide mich für Lamm. Es kommt irgendein Stück totes Tier (Lamm?) und wird vor mir gegrillt: mit reichlich Zwiebeln, Knoblauch, Pilzen und Häuchen von Zucchini und Melanzani. Hmes schmeheckt msupamamajajamjamjam.

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Der Preis ist für koreanische Verhältnisse recht gesalzen, für Wiener Verhältnisse eher normal: 23.000 Won – knapp zwanzig Euro. Für eine ziemlich große Portion inklusive einer Kugel salziges (!) Eis als Dessert.

Tja, und so geht auch ein super Tag vorbei. Ich hoffe, das Kharma schlägt morgen nicht mit zynischem Grinsen zurück.

Schau ma mal.

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