In Korea ein Bankkonto eröffnen

Hallo aus Seoul! Heute gibt es eine richtig spannende Abenteuergeschichte über Bankkontos und Online Banking und einen lange verschollen geglaubten Roman von Franz Kafka.

Die richtige Bank finden

Nach Befragung mehrerer Arbeitskollegen hatte ich zwei potenzielle Banken identifiziert: KEB Hana und Kookmin Bank (KB). Ich habe die Itaewon-Filialen beider Banken recht bald nach meiner Ankunft besucht, um zu sehen, ob eine Kontoeröffnung auch ohne Alien Registration Card möglich ist. Bei beiden Banken war es nicht möglich, allerdings bekam ich von KB einen besseren Eindruck. KEB hat zwar in seiner Itaewon/Noksapyeong-Filiale ein eigenes Ex-Pat/Global-Center im Obergeschoß, aber weder der Kundenservice, noch die Bewertungen auf Google sind der Rede wert. Bei KB Itaewon Station war der Umgangston deutlich freundlicher.

Meine Wahl fiel somit recht klar auf Kookmin (KB). Nach meinem Umzug nach Huam-dong habe ich mit ARC mein Glück bei der benachbarten Filiale in Namyeong versucht, wo schon die Wartenummernausgabe nicht auf Englisch möglich war und die einzige freie Mitarbeiterin mich wie ein scheues Reh angesehen hat. Die Indizien sprachen also klar gegen englisch sprechende Belegschaft. Ich habe dann beschlossen zur Filiale in Itaewon zurückzukehren und dort auch beim zweiten Mal vom Wartenummernautomat eine sehr nette Mitarbeiterin mit passablen Englischkenntnissen zugelost bekommen.

Kontoeinrichtung als Handgelenkstraining

Nach gefühlten 500 Unterschriften auf 200 Formularen und 14 Schreibkrämpfen hatte ich dann meine Debitkarte (vulgo Bankomatkarte) und auch mein Passbook (vulgo Sparbuch) in der Tasche. Die Benutzung des Kontos bleibt bis zu meiner ersten Gehaltsauszahlung eingeschränkt auf 300.000 Won pro Tag und 1.000.000 Won pro Woche. Für den Alltag ist das mehr als genug, größere Einkäufe sind allerdings nicht möglich. Für die Kontoeröffnung ist eine Bareinzahlung notwendig. Die Mitarbeiterin meinte allerdings auf Nachfrage, dass die Höhe dieser Einzahlung egal ist.

Nach etwa 30 Minuten Wartezeit und 45 Minuten voller Unterschriften war der Käse dann gegessen und ich war Besitzer einer wunderschönen Welcome Plus Debitkarte. Die ersten beiden Daueraufträge für Miete und Maklergebühr konnte ich sofort einrichten lassen.

Die kleinen Unterschiede zu Österreich

Interessant am Bankenwesen in Korea ist, dass keinerlei Kontoführungsgebühren eingehoben werden, allerdings Gebühren für Transaktionen zu anderen Banken anfallen. In meinem Fall waren das für die beiden Daueraufträge jeweils 300 Won pro Überweisung (das sind 20 Cent). Weiter ist interessant, dass auf der Debitkarte nicht die Kontonummer, sondern nur eine Kartennummer steht. Die Kontonummer befindet sich im Passbook, das hauptsächlich dazu dient, Kontobewegungen hineinzudrucken. Es gibt keinen Kontoauszug im österreichischen Sinn, stattdessen hat man mit dem Passbook quasi Blankopapier für zukünftige Transaktionsbestätigungen und kann es im Bankfoyer bei Bedarf bedrucken lassen.

Ich präsentiere: Franz Kafkas „KB Online Banking“

Englischssprachiges Online-Banking war ein wichtiges Kriterium für die Auswahl meiner finanziellen Heimat und KB bietet tatsächlich ein sehr gutes englisches Onlinebanking an. Die Einrichtung desselben könnte allerdings Stoff eines modernen Kafka-Romans sein:

  1. Online-Banking ist bei der Kontoeröffnung nicht inkludiert, sondern muss mit einem separaten Formular (oder auch zwei oder drei … ich vergesse) beantragt werden.
  2. Beim Antrag wählt man einen Benutzernamen und ein Passwort frei aus.
  3. Wenn man zu Hause das Online-Banking testet, funktioniert es nicht, weil man drei Sicherheits-Applikationen bzw. Add-Ons für Computer und Browser installieren muss.
  4. Die Installation verläuft bei zwei von drei Applikationen problemlos, bei der dritten gibt es große Probleme, es stellt sich nämlich heraus, dass …
  5. … die Applikationen browserempfindlich sind und nur in Internet Explorer richtig funktionieren wollen (obwohl Firefox als tauglicher Browser sogar in den Systemanforderungen steht).
  6. Nachdem der Computer den koreanischen Sicherheitsstandards entspricht, kann man seinen Kontostand einsehen, für Überweisungen muss man zusätzlich ein digitales Sicherheitszertifikat erstellen lassen.
  7. Für die Erstellung des Sicherheitszertifikats gibt es ein englisches Formular, das jedoch nicht funktioniert. Nach mehreren Fehlschlägen versuche ich das KB-Kundenservice zu kontaktieren.
  8. Das Tonband sagt in der dankenswerter Weise vorhandenen englischsprachigen Version klar vernehmbar „For Customer Service Agent, press two“ und etwas später „For transaction to other bank, press two“. Wenn man dann den Zweier drückt, kommt man zum Telefonbanking für „transaction to other bank“. Irgendwann habe ich nach den Gesetzen der Logik ausgeknobelt, dass die Null für den Customer Service Agent gedrückt werden muss. Vielleicht ist „Nil“ und „Two“ mit koreanischen Akzent identisch.
  9. Ich bekomme endlich einen Kundenbetreuer ans Telefon. Ich sage ihr, dass das englische Formular für die Erstellung eines Sicherheitszertifikats nicht funktioniert. Sie sagt mir, dass das koreanische Formular dafür besser ist. Ich sage ihr: „…“. Sprachlos. Atemlos.
  10. Die unglaublich nette Dame geleitet mich geduldig simultandolmetschend durch einen Wirrwarr von sieben koreanischen Online-Formularen.
  11. Die unglaublich nette Dame geleitet mich danach geduldig nochmals durch einen Wirrwarr von sieben koreanischen Online-Formularen. Ich habe nämlich justament beim letzten Abschnitt auf eine falsche Schaltfläche geklickt und muss zurück an den Start. Sprachlos. Atemlos.
  12. Ich verabschiede mich von der unglaublich netten Dame, nachdem mein Sicherheitszertifikat tatsächlich ausgestellt wurde.
  13. Ich begleiche erfolgreich meine Gasrechnung mittels Online-Banking und breche danach in Freudentränen aus.

Nach der ersten Gehaltsüberweisung

Ich bin mit klammem Gefühl zu KB zurückgekehrt, um meine Limits raufsetzen zu lassen und erwartete das Schlimmste. Noch dazu war mir ein paar Tage davor ein typischer Anfängerfehler passiert: falschen PIN-Code im Online-Banking eingegeben. Zwar darf man in Korea vier Fehler machen (Österreich: drei), jedoch war der Warnhinweis auf Koreanisch. Ich dachte, es wäre „nur“ ein IT-Problem und hab’s ein bisschen später wieder versucht … und wieder … und wieder … und wieder … und dann war Schluss. Naja, immerhin dann hab‘ ich’s begriffen.

Zurück zum Wesentlichen: klammes Gefühl. Limits raufsetzen.

Nun denn, die Nummernausgabe bei KB Namyeong ist nur koreanisch, aber mittlerweile kannte ich die Maschine ja ganz gut und konnte erfolgreich einen Nummer ziehen. Der mir zugeloste Mitarbeiter war sehr nett und konnte ausreichend Englisch. Ich sage ihm ganz zaghaft, dass mein erstes Gehalt nun ausgezahlt wurde und ich meine Limits erhöhen möchte (bisher maximal 300.000 Won/240 Euro pro Tag). Der Mitarbeiter verschwindet darauf hin und beginnt mit einem Kollegen – möglicherweise der Chef – zu diskutieren. Ich werde etwas nervös und rechne mit einem Angebot von 300.001 Won pro Tag. Nach zwei Minuten kommt mein Kundenbetreuer zurück und sagt: „Wir können Ihnen ein Limit von 10 Millionen Won pro Tag anbieten.“

Ich bin völlig baff, sage so viel bräuchte ich nicht und wir einigen uns auf ein etwas niedrigeres Tageslimit.

und … das … wars … auch … schon. Unglaublich aber wahr. So langsam diese Geschichte angefangen hat, so rasch ist sie mittlerweile ins Laufen gekommen. Das Online-Banking wurde mir in der Filiale in geschätzten acht Sekunden wieder freigeschalten und ich konnte enthusiasmiert wieder nach Hause gehen.

So bin ich jetzt wie alle anderen Seoulites und zücke für jeden mickrigen Geldbetrag genüsslich die Debitkarte.

Ich denke, ich hab’s mir verdient :-).

Bis nächste Woche.

 

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