Seouls „Vienna Coffee House“ im Test

Beim Busfahren entdeckte ich eines Tages zufällig das „Vienna Coffee House“. Jetzt hatte ich mal Zeit zum Testen.

Vorwort

Anfangs war ich noch der Meinung, dass es sich um ein einzelnes Café handeln würde, das ich in Seoul-Gangnam einst entdeckte. Wie sich herausstellte, handelt es sich um eine ganze Kette mit gar nicht so wenigen Filialen. Lustiger Weise gibt es allerdings keine einzige in meinem Wohnbezirk, weshalb mir dieses Stück Heimat lange verborgen blieb. Wer sich auf die Suche nach einer nahegelegenen Filiale begeben möchte, kann diese Google-Maps Suche verwenden.

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Ein interessantes Detail ist der volle Name des Cafés: „Vienna Coffee House – Wien 1683“. „1683? Da war doch was, was war denn da?“, werden sich insbesondere viele Österreicher denken. Eine Jahreszahl, an der jahrelanger Geschichtsunterricht hängt: Zweite Türkenbelagerung. Es war dieses historische Ereignis, welches Wien seine weltberühmte Kaffee-Kultur erst möglich gemacht hat, weil die osmanischen Truppen Kaffeebohnen mit sich führten und nach der Niederlage zurückließen. Leichtes Kichern steigt allerdings in mir hoch, wenn ich mir vorstelle, jemand würde im aktuellen gesellschaftlichen Klima direkt in Wien ein Lokal mit solcher Referenz eröffnen. Die möglichen Konsequenzen eines solchen Vorhabens überlasse ich aber der Vorstellungskraft meiner Leserinnen und Leser.

Ich möchte eingangs auch betonen, dass keinerlei Gelder oder Gefälligkeiten in meine Richtung geflossen sind und ich auch keine persönlichen Beziehungen zu dem Unternehmen habe. Meine ehrliche Meinung ist, dass das „Vienna Coffee House“ ein ganz großartiger Platz und ein unterwartetes Stück Heimat ist, das sich in der Kategorie Authentizität volle Punkte und ein bisschen Werbung verdient.

Ein Blick in die Speisekarte

Ohne Vorwissen bin ich also eines zufälligen Tages hineinmarschiert und hatte nach einem kurzen Blick in die Speisekarte ein glückliches breites Grinsen im Gesicht: Wiener Mélange, Franziskaner, Sachertorte, natürlich der hierzulande allgegenwärtige Einspänner und andere schöne Dinge waren da zu finden. Den Bildern in der Speisekarte nach, schien alles auch recht authentisch zu sein.

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Natürlich kann man es in Korea nicht ganz lassen, einige Dinge durch seltsame Geschmackskombinationen und schrille Farben zu verschlimmbessern. Dazu zählen allen voran der „Beericano“ (Café Americano plus Bier), die Erdbeermélange, ein rosa eingefärbter Hallstadt-Franziskaner und die bunten „Klimt Golden Love Story Fruit Beverages“ samt „Klimt Earl Grey Torte“.

Gustav Klimt und Wolfang Amadeus Mozart bekommen – erwartungsgemäß – die meisten Punkte für völlig arbiträre Produktbenennungen. Oder vielleicht doch der – nicht ganz weltberühmte – Grazer Karottenkuchen? Mehr Infos auf der Instagram-Seite des Cafés :-).

Für Freudentränen sorgen wiederum Juwelen wie Linzertorte, Biedermeier-Kaffee (mit Likör) oder das originale Julius-Meinl-Häferl, in dem Espressi (eigentlich Mokkas, aber so weit geht man hier nicht) gereicht werden.

Bei meiner ersten Bestellung blieb ich dann aber gaaanz klassisch: Sachertorte mit Mélange.

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Gar nicht so leicht, eine dunkle Torte gut zu fotografieren …

Schmeckt’s?

Die Mélange könnte man 1:1 in einem Wiener Kaffeehaus servieren. Welch eine Freude, nach so viel schlecht zubereiteten Pappbecher-Americanos einen geschmacklich und ästhetisch elegant dargebotenen Kaffee zu genießen. Auch die Sachertorte braucht sich nicht zu verstecken: dicke, reichhaltige Schokoglasur, saftiger Teig, reichlich Marillenmarmelade – alles, was es braucht. Damen hoch!

Und für’s Börserl?

13.000 Won/10 Euro für Kaffee und Torte, das ist für Seoul schon relativ viel, für Wien noch mehr. Tja, alles kann nicht perfekt sein; werde ich halt nur unregelmäßiger Stammgast.

Atmosphäre

Klassische Musik im Hintergrund (so weit ich hören konnte durchwegs von Wiener Komponisten), klassische Musikinstrumente als Teil des Interieurs. Die markanten gepolsterten Sitzbänke, in die man bei längerem Aufenthalt regelrecht hineinwächst, gibt es natürlich nicht, das wäre für Koreaner vielleicht sogar unhygienisch. Da bevorzugt man lieber Holz und Leder.

Fazit:

4,5 von 5 möglichen Blumen aus dem Gemeindebau.

 

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